Wie die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtet, hat die Regierung von Tansania am Mittwoch den Zugang zur sozialen Plattform X gesperrt, weil einige Konten von Regierungseinrichtungen nach Cyberangriffen zu gefälschten oder pornografischen Beiträgen geführt hatten.
Die Behörden hätten erklärt, dass Hacker die Plattform am späten Dienstag übernommen haben. Nach dem Angriff habe beispielsweise das Polizeikonto pornografische Bilder gepostet. Außerdem wurde fälschlicherweise der Tod von Präsidentin Samia Suluhu Hassan gemeldet.
Laut AP wurde auch das Konto des Telekommunikationsunternehmens Airtel Tanzania gehackt. Doch trotz der Vorfälle habe Regierungssprecher Gerson Msigwa erklärt, der tansanische Cyberspace sei sicher. Die Angriffe habe er als geringfügigen Zwischenfall bezeichnet. Die Bürger habe er aufgefordert, Ruhe zu bewahren.
Am Mittwoch sei X deshalb innerhalb Tansanias für alle, die kein virtuelles privates Netzwerk nutzen, unzugänglich geblieben, schreibt AP. Nutzern von VPNs ohne Genehmigung würden Gefängnisstrafen oder Geldbußen drohen. Bislang bleibt der Zugang zu X gesperrt.
Viele Politiker, Intellektuelle und Kritiker in Tansania würden ihre Meinung frei auf X äußern, lässt AP wissen. Doch die Regierung Hassan, die sich im Oktober zur Wiederwahl stellen werde, habe versucht, abweichende Meinungen im Internet zu unterdrücken.
Kommentar Transition News:
Diese letzte Äußerung von AP ist mit Skepsis zu sehen. Man muss nur bedenken, dass Tansania eines der ganz wenigen Länder weltweit war, das die Corona-Maßnahmen größtenteils abgelehnt hat, und somit ins Visier der globalen Meinungswächter kam.
Furore machte der damalige Präsident John Magufuli, als er im Jahr 2020 die SARS-CoV-2-PCR-Tests prüfen ließ, indem er einem Labor nicht-menschliche Proben mit menschlichen Namen schickte. Das Resultat: Eine Papaya, eine Ziege und eine Wachtel erzeugten ein positives Testresultat.
Der italienische Arzt Leopoldo Salmaso, der seit über 30 Jahren in Tansania tätig ist, hatte zusammen mit unserem Redakteur Konstantin Demeter über das Land berichtet. Bezüglich Tansanias Widerstand gegen «Big Pharma» schrieben sie 2021 nach Magufulis überraschendem Tod, der damals Grund zu allen möglichen Spekulationen gab:
«Präsidentin Hassan, eine Muslimin, drückt einen ebenso tiefen Glauben aus wie Magufulis spiegelbildlich christlicher. Momentan weicht sie kein bisschen von der Linie ab, die ihr Vorgänger und Lehrmeister gezogen hatte. Mit einem zusätzlichen Vorzug: Zur eisernen Faust gesellt sie den Samthandschuh, mit Spitzen aus weiblicher afrikanischer Diplomatie.»
Zum Vorwurf von AP, Präsidentin Hassan würde abweichende Meinungen im Internet unterdrücken und zur aktuellen politischen Lage erklärte Salmaso auf Anfrage von Transition News:
«Während des Wahlkampfes gibt es wie immer eine gewisse Aufregung, die nicht nur auf interne Spaltungen und Wettkämpfe zurückzuführen ist, sondern vor allem auf die keineswegs unbegründete Angst vor Manipulationen von außen. Ein aktuelles Beispiel ist der Druck der EU auf Tansania, die Rechte von LGBT+ anzuerkennen.
Ein Druck, der von allen verschiedenen Parteien und Verbänden mit Empörung an den Absender zurückgeschickt wurde. Aus dem einfachen Grund, dass Homosexualität in Afrika ein Tabu ist – im benachbarten Uganda gelang es nach jahrelangem internationalem Druck, ein Moratorium für die Vollstreckung von Todesurteilen für homosexuelle flagrante delicto einzuführen.»
Ein anderes, noch aktuelleres Beispiel sei ein Vorfall, bei dem einige kenianische Aktivisten, die sich für die Rechte eines tansanischen Oppositionsführers einsetzen, am Flughafen aufgehalten und in ihr Land zurückgeschickt worden. Mit der einfachen Begründung: Sie sollten sich in ihrem eigenen Land austoben. Salmaso resümiert:
«In solchen Kontexten dominiert die alte Revolutionspartei (CCM) unangefochten. Wenn es um den Vorwurf diktatorischer Praktiken geht, hat sie ein leichtes Spiel und kann erwidern: Von welcher Kanzel kommt die Predigt?
Persönliche Beobachtung: Ich fühle mich von den ‹sehr demokratischen› Führern der EU und, allgemeiner gesagt, des Tötenden/Selbsttötenden überhaupt nicht vertreten. Wenn der Durchschnitt unserer Staats- und Regierungschefs sich so um die Interessen ihrer Wähler kümmern würde wie der durchschnittliche tansanische Staats- und Regierungschef, wäre Europa ein Paradies.»